Donnerstag, 20. September 2012

Schreibende Journalisten werden den Print-Journalismus nicht retten

Das sind die Tage, an die man sich später noch erinnert:

-       Die Print-Krise ist heftiger denn je zurück. In Nürnberg steht die AZ vordem Aus. DuMont entlässt die gesamte Redaktion des Berliner Abendblatt und bereits Gestern wurde bekannt, dass die WAZ-Gruppe in jedemUnternehmensteil 20 Prozent der Kosten einsparen will. Also auch in den Redaktionen der Tageszeitungen, die vor nicht einmal zwei Jahren schon 300, der rund 900 Redakteursstellen einsparen mussten.

-       Beim Scoopcamp in Hamburg sitzt Lars Haider, Chefredakteur des Hamburger Abendblatts, auf den Podium und muss über mögliche neue digitale Geschäftsmodelle für den Journalismus sprechen, weil abzusehen ist, dass sich der Rückgang der Erlöse der gedruckten Ausgaben kaum stoppen lässt. Er sagt: „Ich will endlich einmal wieder nur über das Schreiben, über Texte, über Recherche sprechen. Immer wenn heute Chefredakteure auf einem Podium zusammensitzen, geht es um Geschäftsmodelle und neue Plattformen, statt um unsere eigentliche Profession: die journalistische Qualität“.

Haider hat recht. Aber selbst wenn er auf die höchste Qualität setzten würde und nur noch Nannen-Preis-würdige Recherchen und Reportagen veröffentlichte, wird er den Niedergang des gedruckten Journalismus im Mainstream nicht stoppen können. Denn: Die Menschen brauchen ihn nicht mehr. News und Meinung liefert das Web und für Reportagen und Unterhaltung sorgt das Fernsehen. Zwischen diesen Polen wird die Tageszeitung mittelfristig zerrieben. So ist selbst im Web der Trend zum Bewegtbild kaum zu stoppen. Vor Jahren sagten Bild.de-Chefredakteur Manfred Hart bereits, dass sich Bild.de zu Bewegt-Bild.de wandeln wird. Spätestens, wenn das Boulevard-Portal in einem Jahr, die Rechte für Bundesliga hält, wird dieser Prozess massiv beschleunigt. Fußball war schon immer ein wichtiger Treiber für Medien-Entwicklungen. 

Was kann also die Lösung für dieses Dilemma sein?
Die Zukunft könnten gemischte Reporter-Teams aus TV- und Print-Profis sein. Eine Mannschaft recherchiert gemeinsam ein Thema und bespielt damit alle Kanäle. Tatsächlich könnte der Mix aus schreibenden und filmenden Reportern für höchst spannende Ergebnissen führen. TV-Profis können sehr schnell arbeiten, sind entscheidungsfreudig und immer sofort draußen bei den Originalschauplätzen. Schließlich brauchen sie die Bilder. Die schreibenden Kollegen sind sicherlich stärker in der Recherche und meinungskräftiger und tiefer in der Analyse.

Das Ergebnis könnte ein ganz spannender Journalismus ein. Einen Vorgeschmack lieferte beispielsweise Günther Wallraff, dessen letzte investigative Recherche als Kurierfahrer bei RTL als Doku lief und einen Tag später im Zeit Magazin als Print-Reportage. 

Einen ersten Versuch könnten doch einmal die Bertelsmann-Töchter RTL und Gruner und Jahr machen. Ich bin mir sicher: Ein gemischtes Team aus Stern- oder GEO-Redakteuren und RTL-Journalisten könnte großartigen Journalismus abliefern.

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