Freitag, 21. September 2012

People-Journalismus vs. Realität

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Die Champions League hat begonnen und eines der Top-Themen der vergangen drei Tage war der Umstand, dass Borussia Dortmund und seinem Trainer Jürgen Klopp endlich ein Erfolgserlebnis gelang. Alle Medien beschäftigten sich mit diesem aktuellen Thema. Bis auf die People-Presse.



Die „In“ und die „Gala“ gingen das Kloppo-Thema anders an. Sie setzten den Familien-Menschen Klopp und seine Frau Ulla in Szene. Aufhänger für die heimeligen Storys, war...

für „In“: „Jürgen Klopp ist neue Werbefigur für Philips-Rasierer. „In“-Chefreporter Renato Leo traf den Dreitagebart-Träger auf der internationalen Funkausstellung in Berlin.“

für „Gala“: „’Gala’-Redakteurin Martina Ochs und Chefreporter Hauke Herffs trafen Jürgen Klopp im Rahmen der (Philipps)-Aktion 'Dein Bart für Deutschland' in Hamburg.“

Donnerstag, 20. September 2012

Schreibende Journalisten werden den Print-Journalismus nicht retten

Das sind die Tage, an die man sich später noch erinnert:

-       Die Print-Krise ist heftiger denn je zurück. In Nürnberg steht die AZ vordem Aus. DuMont entlässt die gesamte Redaktion des Berliner Abendblatt und bereits Gestern wurde bekannt, dass die WAZ-Gruppe in jedemUnternehmensteil 20 Prozent der Kosten einsparen will. Also auch in den Redaktionen der Tageszeitungen, die vor nicht einmal zwei Jahren schon 300, der rund 900 Redakteursstellen einsparen mussten.

-       Beim Scoopcamp in Hamburg sitzt Lars Haider, Chefredakteur des Hamburger Abendblatts, auf den Podium und muss über mögliche neue digitale Geschäftsmodelle für den Journalismus sprechen, weil abzusehen ist, dass sich der Rückgang der Erlöse der gedruckten Ausgaben kaum stoppen lässt. Er sagt: „Ich will endlich einmal wieder nur über das Schreiben, über Texte, über Recherche sprechen. Immer wenn heute Chefredakteure auf einem Podium zusammensitzen, geht es um Geschäftsmodelle und neue Plattformen, statt um unsere eigentliche Profession: die journalistische Qualität“.

Haider hat recht. Aber selbst wenn er auf die höchste Qualität setzten würde und nur noch Nannen-Preis-würdige Recherchen und Reportagen veröffentlichte, wird er den Niedergang des gedruckten Journalismus im Mainstream nicht stoppen können. Denn: Die Menschen brauchen ihn nicht mehr. News und Meinung liefert das Web und für Reportagen und Unterhaltung sorgt das Fernsehen. Zwischen diesen Polen wird die Tageszeitung mittelfristig zerrieben. So ist selbst im Web der Trend zum Bewegtbild kaum zu stoppen. Vor Jahren sagten Bild.de-Chefredakteur Manfred Hart bereits, dass sich Bild.de zu Bewegt-Bild.de wandeln wird. Spätestens, wenn das Boulevard-Portal in einem Jahr, die Rechte für Bundesliga hält, wird dieser Prozess massiv beschleunigt. Fußball war schon immer ein wichtiger Treiber für Medien-Entwicklungen. 

Was kann also die Lösung für dieses Dilemma sein?
Die Zukunft könnten gemischte Reporter-Teams aus TV- und Print-Profis sein. Eine Mannschaft recherchiert gemeinsam ein Thema und bespielt damit alle Kanäle. Tatsächlich könnte der Mix aus schreibenden und filmenden Reportern für höchst spannende Ergebnissen führen. TV-Profis können sehr schnell arbeiten, sind entscheidungsfreudig und immer sofort draußen bei den Originalschauplätzen. Schließlich brauchen sie die Bilder. Die schreibenden Kollegen sind sicherlich stärker in der Recherche und meinungskräftiger und tiefer in der Analyse.

Das Ergebnis könnte ein ganz spannender Journalismus ein. Einen Vorgeschmack lieferte beispielsweise Günther Wallraff, dessen letzte investigative Recherche als Kurierfahrer bei RTL als Doku lief und einen Tag später im Zeit Magazin als Print-Reportage. 

Einen ersten Versuch könnten doch einmal die Bertelsmann-Töchter RTL und Gruner und Jahr machen. Ich bin mir sicher: Ein gemischtes Team aus Stern- oder GEO-Redakteuren und RTL-Journalisten könnte großartigen Journalismus abliefern.

Montag, 3. September 2012

Plöchinger zur Zukunft von Süddeutsche.de


Zwischenruf: Im Zuge eines kleines Interview über sein spannendes Posting „Qualität versus Tricks“, verriet der SZ.de-ChefredakteurStefan Plöchinger auch, wie er sich die Zukunft von Süddeutsche.de vorstellt.


„Wir wollen im Netz das machen, was die SZ als Zeitung ausmacht. Wir wollen das verlässlichste, kenntnisreichste Nachrichtenportal der Republik sein, die Live-Ausgabe der Süddeutschen. Kein Boulevardportal wie so viele andere. Aber mit dem Augenzwinkern, dass dieser Zeitung zueigen ist. Je besser uns das gelingt, umso mehr Leser werden langfristig kommen.“

Im Einheitsbrei der vielen Nachrichten-Portale klingt das doch vielversprechend. Dann lassen wir uns mal überraschen.

Sonntag, 2. September 2012

Markus Lanz: man kann nicht nicht kommunizieren


Ich stelle mir den ganzen Abend schon eine Frage: Was hat Markus Lanz denn eigentlich tatsächlich im Interview mit dem Focus gesagt? Darüber spricht keiner. Stattdessen eiert das ZDF, eiert Herr Lanz und der Focus gibt – juristisch korrekt der ZDF-Pressestelle die Schuld. Über den Kern redet aber keiner.

Die Vorgeschichten:
- Der Focus verschickt eine Pressemitteilung zu einem Interview mit Markus Lanz. Kernaussage: "Ich bin mir ganz sicher, dass er  (Gottschalk) 'Wetten, dass ...?' schaden will".

- Kurze Zeit später reagiert das ZDF: „In der entsprechenden Interviewpassage mit dem Focus hatte Markus Lanz wörtlich gesagt: 'Ich bin mir ganz sicher, dass er 'Wetten, dass..?' nicht schaden will.' Das Wort 'nicht' ist im Zuge der Autorisierung des Interviews aus nicht nachvollziehbaren Gründen gelöscht worden. Leider ist uns der Fehler nicht aufgefallen.”

- Markus Lanz meldet sich via Bild zu Wort: „Ich weiß, dass Thomas Gottschalk nichts ferner liegt, als der Sendung, die so sehr mit ihm verbunden ist, zu schaden. Warum das Wörtchen ,nicht` aus dem Originalzitat gerutscht ist, weiß ich nicht. Ich weiß aber, dass es sehr viel wichtigere Probleme auf der Welt gibt als das."

- Der
Focus antwortet beiden: "Durch die Pressemitteilung des ZDF entsteht der Eindruck, das Nachrichtenmagazin Focus hätte bei der Autorisierung des Interviews mit Markus Lanz in der aktuellen Ausgabe (erscheint am 3. September) einen Fehler begangen. Das Gegenteil ist der Fall. In der dem Nachrichtenmagazin Focus vom ZDF übermittelten autorisierten Fassung steht der Satz: "Ich bin mir ganz sicher, dass er (gemeint ist Thomas Gottschalk, Anm. der Redaktion) ,Wetten, dass...? schaden will."" Weiter heißt es: "Die Focus-Redaktion hatte die ZDF-Pressestelle am Donnerstagnachmittag darauf hingewiesen, dass das Originalinterview vom ZDF bei der Autorisierung an mehreren Stellen massiv geändert worden sei. Die Redaktion hatte deswegen Gesprächsbedarf angemeldet. Daraufhin erklärte das ZDF per E-Mail, eine nochmalige Überarbeitung ist sicher schon zeitlich nicht möglich, das Interview mit Markus Lanz sei "gelungen" und außerdem "dicht am Original". "


Also noch einmal: Was hat Lanz wirklich gesagt? Hat er den folgenschweren Satz gesagt und das ZDF vergaß später das Interview an dieser Stelle zu bereinigen das „nicht“ aus dem Satz wieder zu entfernen. Oder formulierte er mit „nicht“ und das ZDF strich das Wort aus Versehen? Die Aussagen der Beteiligten lassen sich in beide Richtungen deuten.

Also lieber Focus. Wenn es eine Aufzeichnung von dem Gespräch gibt, dann stellt sie doch bitte online.

Liebes ZDF, muss dieser Autorisierungs-Wahnsinn denn immer sein. Das Umschreiben von Gesprächen nimmt wirklich überhand. Da hat DWDL schonrecht . Vielleicht sollten künftig immer die Pressestellen gleich die Interviews führen und den Medien dann zur Verfügung stellen. Die CDU in Niedersachsen ist in dieser Technik schon ganz weit vorne.