Sonntag, 29. Juli 2012

PM-Porn: Wie Bauer durch die kommunikative Hintertür eine Zeitschrift einstellte


Besondere Pressemitteilungen aus dem Redaktions-Alltag:
Grundsätzlich ist es so, dass ein Verlag im Laufe eines Jahres immer einige neue Magazine auf den Markt bringt. Einige kommen als Sonderhefte, andere als One-Shots und wiederum andere werden gleich mit großen Tamtam eingeführt. So oder so: wenn ein Konzept am Kiosk durchfällt, wird das Blatt wieder eingestampft. So funktioniert der Markt. Das ist halt so. Nicht jeder Titel findet die richtige Zielgruppe, nicht jedes Heft lebt ewig.

Schlimm ist nur, wenn man dem Projekt, dass man beerdigt, nicht den letzten öffentlichen Respekt erweist und es mit offenen Visier einstellt. Aktuelles Beispiel für eine Einstellung durch die kommunikative Hintertür lieferte gerade Bauer Media. Die Hamburger stellten ihr People- und Fashion-Magazin Life&Style ein.

In den vergangenen Jahren wurden für die Zeitschrift unzählige Pressemitteilungen geschrieben So wurde verkündet, dass man die Marktposition in der IVW gefestigt habe, dass es ein Accessoire-Special geben würde oder das Peter Levetzow die Geschäftsführung der Peoplemagazine InTouch und Life&Style übernehmen würde.



Die – zumindest vorübergehende – Einstellung war dem Verlag allerdings noch nicht einmal eine eigene Pressemitteilung wert. Das Ende des Magazins wurde in einer Mitteilung über eine neue InTouch-Kampagne versteckt. Im dritten Absatz heißt es auf einmal: „Im Zuge der Offensive werden Konzeption und Erscheinungsweise von Life&Style verändert und an die Bedürfnisse der Leser und des Marktes angepasst. Für März 2013 ist ein neues monothematisches Heftkonzept geplant. Bisher erschien Life&Style wöchentlich.“


Überschrift der Pressemitteilung, in der die Todesnachricht für Life&Style versteckt war: „InTouch sorgt für unterhaltsame Sommertage“

Freitag, 27. Juli 2012

In eigener Sache: Interview mit DRadio Wissen


Heute Morgen habe ich mich mit DRadio Wissen über Twitter, die olympischen Spiele und die Kooperation zwischen dem Zwitscher-Dienst und NBC unterhalten


Donnerstag, 19. Juli 2012

Der Vorteil von Tageszeitungen gegenüber Online-Portalen


Es gibt einen kleinen aktuellen Blog-Trend, die Zukunft der Tageszeitung anzuzweifeln. Thomas Koch hat dies gerade in einem klasse Beitrag getan. Thomas Knüwer macht dies latent eigentlich immer. Als mich dann heute eine Studentin anrief und ein paar Fragen wegen ihrer Bachelorarbeit stellte, wollte sie unter anderen wissen: „Welchen Vorteil haben Tageszeitungen gegenüber Online-Portalen?“

Jetzt war der Zeitpunkt gekommen die Ehre der Print-Kollegen zu verteidigen. Ich dacht also kurz nach und antwortet ehrlich: es gibt keinen.

Tatsächlich sind alle Argumente, die man ins Feld führen kann, nicht stichhaltig. So heißt es immer: Tageszeitungen, bieten mehr Hintergrund, ordnen das Geschehen besser ein, haben tolle Kommentare und mehr Abstand, großartige Reportagen, mehr Zeit für Recherchen und die besseren Autoren. Das mag alles Stimmen. Ist aber kein Alleinstellungsmerkmal.

Denn all das kann auch Online. So hat beispielsweise Spiegel Online auch guten Hintergrund, ordnet das Geschehen bereits sehr sauber ein, bietet Kolumnen, hat Reportagen, guten Autoren und saubere Recherche. Manchmal wüscht man den Redakteure noch etwas mehr Zeit. Aber das ist eine Frage der Prioritäten und der noch immer recht knappen Budgets.

Heißt: Im Grunde gibt es keinen echtes Alleinstellungsmerkmal von Tageszeitungen gegenüber einer gut geführten Online-Redaktion.

Was eine Tageszeitung allerdings nicht hat, sind weiterführende Links, erklärende Videos und andere Bewegtbildinhalte, Audioslideshows, spannende Datentools und vor allem die Möglichkeit einen Text ständig zu aktualisieren. So stehen in jeder Tageszeitung am nächsten Morgen immer die Inhalte von gestern. Zudem kann eine Tageszeitung nicht in Echtzeit mit seinen Lesern kommunizieren.

Es sieht also nicht gut aus für die Tageszeitungen.

Kurz zur Ehrenrettung: Mit wirklich überzeugen Inhalten, Top-Autoren, einen kreativen optisch Ansatz sowie einer klaren und überzeugenden Haltung, können Tageszeitungen wie die FAZ und SZ noch immer Punkten und eine Qualität liefern, wie wir sie zur Zeit im deutschen Web nicht finden. Allerdings könnte dies auch ein Web-Portal, wenn das Management bereit wäre, das Experiment zu wagen und das nötige Budget zur Verfügung zu stellen. Mit allem Geld der Welt kann eine Tageszeitung aber kein Bewegtbild, keinen Daten-Journalismus, keine weiterführenden Links, keine aktualisierten Artikel und nicht in Echtzeit mit seinen Lesern kommunizieren.

Deshalb: Es sieht nicht gut aus für die Tageszeitung.

Das Tolle an diesem Posting: Freitagmittag kommen die IVW-Zahlen für das zweit Quartal. Wenn also die Tageszeitungen zu den Auflagengewinnern gehören sollten, dann werden ich einfach an dieses Posting rangehen und es ergänzen. 

Dienstag, 17. Juli 2012

Entzaubert: der blöde Hype um Unboxing-Videos


Nennt mich unromantisch. Aber was neue Technik anbelangt, kann ich dem Hype nur schwerlich nachvollziehen, warum man ein Video davon machen sollte, wie man ein neues Gadget auspackt. Oder genauer: Ich kann einfach nicht verstehen, warum jedes Technik-Blog  - und davon gibt es verdammt viele  - einen eigenen Film drehen muss, in dem man sieht, wie ein neues Handy, ein neuer Computer, Tablet oder ein neues Faxgerät (gibt es die überhaupt noch) ausgepackt wird. Reichen nicht zwei Clips, auf die dann alle verlinken?

Kurze Rede, langer Sinn: sehen Sie sich dieses wunderbare Video an. Unzählige Tech-Blogger und –Redakteure blamieren sich beim Versuch das neue Google-Smartphone mit Stil und Würde auszupacken. Bei der miesen Performance müssten die glatt alle einpacken. 




Montag, 16. Juli 2012

Studien: Über Facebook und Twitter lesen die Menschen Nachrichten, die sie sonst nicht wahrgenommen hätten


Lesen wir über Social Networks wirklich Nachrichten, die wir sonst nicht sehen bzw. wahrnehmen würden? Einer meiner Studenten hatte das bereits vor Wochen gefragt. Zwar spät, aber hier ist die Antwort: Ja. 

Zu diesem Ergebnis kommt zumindest eine eMarketer-Studie, ein Bericht von Simply Measured und eine Untersuchung vom PewResearch Center’s Project for Excellence in Journalism. Demnach gaben im Januar 2012 39 Prozent aller Twitter-Nutzer an, dass sie über den Microblogging-Dienst Nachrichten sahen, die sie nirgendwo sonst in ihrem normalen News-Kosmos wahrnahmen. Bei Facebook lag diese Rate mit 34 Prozent leicht niedriger. 




Vor allem die Einführung der neuen Timeline bei Facebook sorgte dafür, dass die Nutzer mit einer weit größeren Begeisterung Inhalte über das weltweit größte Social Network teilen.

Ein weiterer spannender Effekt ist: Je mehr Inhalte Nutzer teile, desto mehr neuen Content, ob nun Text, Videos oder Bilder, entdecke sie auch. “And the more they discover, the more likely they are to turn first to Facebook for content they used to get elsewhere“, erklärt der eMarketer-Analyst Paul Verna.

Sonntag, 1. Juli 2012

Verlagsmanager und das „Rach, der Restauranttester“-Prinzip


Wiwo-RedakteurSebastian Matthes hat treffend analysiert, dass sich die Verlagsbranche derzeit selbst zerlege, weil sie den verpennten digitalen Wandel dadurch zu bekämpfen sucht, indem sie mit immer neuen Titeln, einen immer größeren Teil des schrumpfenden Werbekuchens zu ergattern hofft. 

Eigentlich ist der Analyse kaum mehr etwas hinzuzufügen. Allerdings kommt mir ein Gedanke zu kurz: Der, des immensen Bedeutungsverlustes, unter dem vor allem die meisten Magazine leiden. Auch dies ist ein erheblicher Anlass für die sinkenden Verkaufszahlen. Die Leser haben immer häufiger das Gefühl, nichts zu verpassen, wenn sie einen Titel nicht kaufen. Das war früher noch anders. 

Der Grund dafür ist die abnehmende inhaltliche Qualität vieler Magazine. Ihnen gelingt es immer seltener mehr und besseres zu Liefern, als es Online-Redaktionen oder Tages- und Sonntagszeitungen können. Damit entfällt eine der wichtigsten Grundlagen für den Kauf einer Zeitschrift. 

Einer der Hauptgründe für den inhaltlichen Niedergang vieler Titel (es gibt natürlich Ausnahmen) ist – und hier kommt Sebastian Mathes wieder ins Spiel -, ist die große Anzahl an Line-Extensions (Titelflut) mit denen viele Verlagsmanager versuchen den Auflagenrückgang abzufedern. Heute produzieren vielen Redaktion neben den Hauptheften, noch eine Armada an Sonderheften und Spin-Offs. Allerdings ohne mit signifikant mehr Mitarbeitern ausgestattet zu werden. Die direkte Folge: Um die große Menge an Storys überhaupt noch produzieren zu können, werden die Hürden an Qualität, Kreativität und Exklusivität, die einer Geschichte haben muss, um ins Blatt zu kommen, immer niedriger. 

Heißt: Neben den Effekt auf die Werbeeinnahmen, hat die Titelflut auch oftmals böse Folgen für die inhaltliche Qualität. Spätestens seit „Rach, der Restauranttester“ wissen wir aber: Wenn ein Laden nicht läuft, muss als erstes die Qualität des Kernproduktes mit einer Besinnung auf das klassische Handwerk gesteigert werden.