Donnerstag, 28. Juni 2012

Wg. Computer Bild an Döpfner: Evolution einer Brieffreundschaft


Seit dem PIN-Debakel hatte Springer-CEO Mathias Döpfner wohl nicht mehr so viel mit Briefen zu tun, wie während des noch immer anhaltenden Protestes vieler Mitarbeiter der Computer-Bild-Gruppe gegen eine Auslagerung des Unternehmens.
Wichtigstes Mittel der gewerkschaftlich organisierten Proteste waren diesmal Briefe, die an den Vorstandsvorsitzen geschrieben wurden. In ihnen wurde „gefordert“, „appelliert“ und „gebittet“. An den letzten Sätzen lässt der Schreiben lässt sich wunderbar die Historie – mit all seinen Eskalationsstufen - des Disputes ablesen.
05. März
Der erste offene Brief endet mit dem Aufruf an Döpfner: „Handeln Sie – im Sinne der Axel Springer AG und im Geiste Axel Cäsar Springers!“
06. März
Auf die erste Post antwortete Döpfner. Sein letzter Satz: „
Dies ist und bleibt die einzige Option zur Zukunftssicherung der Computer-Titel, die wirtschaftlich und publizistisch Erfolg verspricht.“
23. März
Die Mitarbeiter-Antwort auf die Döpfner-Antwort endet mit: „So könnten Sie die Anerkennung und den Respekt, den Sie im „Code of Conduct“ selbst einfordern, auch in der Praxis leben.“
3. April
Solidaritätsadresse
von 27 Redakteuren und Technikern des Heise Zeitschriften Verlags. Die Abschluss-Formulierung: „Wir sehen diese Entwicklung mit großer Sorge und hoffen, dass das Management bei Springer diesen Argumenten zugänglich ist und von seinen rigorosen Sparplänen seiner Computertitel ablässt.“
24. MaiDer Betriebsrat der Bergedorfer Zeitung schickte einen Solidaritätsbrief. Sein Ende: „Mit Euren Warnstreiks habt Ihr ein Zeichen gesetzt: Für die engagierten Menschen, die bereit sind, für die eigenen Belange und die aller Kollegen einzustehen. Und Ihr dürft sicher sein, Ihr seid nicht allein.“
17.Juni
Die protestierenden Mitarbeiter greifen wieder zum Stift. Der Brief endet mittlerweile mit der gestressten Formulierung:
"Schämen Sie sich nicht, Herr Dr. Döpfner?"
28. Juni
Ein Brief von 14 Betriebsräten anderer Verlage endet mittlerweile mit einer fast schon demütigen Bitte: „Bitte zeigen Sie wahre Größe und nehmen Sie von Ihren Plänen Abstand!“

Möglicherweise hätte man sich die ganze Korrespondenz sparen können. Denn Döpfner hat aus seiner Sicht wohl genau das getan, was im ersten Brief von ihm verlangt wurde: Er hat "im Sinne Sinne der Axel Springer AG" gehandelt.

Sonntag, 24. Juni 2012

„Sport Bild“ liest keine „11 Freunde“


Mit der Recherche hat es bei der „Sport Bild“ diesmal nicht ganz so gut geklappt. Am 13. Juni liegt „Europas Nr.1“ (so die Unterzeile) am Kiosk. Weiter hinten im Heft ist die kurze History-Story zum EM-Spiel Deutschland gegen Holland „Van Breukelen: Darum mag ich Deutsche nicht“. Die Headline bezieht sich auf ein berühmtes Bild von 1990. Damals hatte der Torhüter der Elftal Rudi Völler in bester Oli Kahn-Manier angebrüllt. 

Das Foto ist ein Klassiker und es ist fast logisch, dass die Redaktion das Bild wieder rauskramte. Allerdings hätte der verantwortliche Redakteur besser einmal in die Juni-Ausgabe der „11 Freunde“ geschaut. Diese lag zu diesen Zeitpunkt schon eine ganze Weile am Kiosk. Dort findet sich ein Interview mit Hans van Breukelen, „der bei der WM Rudi Völler in Grund und Boden“ brüllte. Das Gespräch trägt die Überschrift. „Ich bin verliebt in euch Deutsche“. Der Teaser endet mit dem Satz: „Heute hingegen hat die holländische Torwartlegende ein Faible für den deutschen Fußball“.



Falls die „Sport Bild“ nicht „11 Freunde“ ließt, was sich nur mit dem Faktor Neid erklären ließe,  hätte es die Springer-Leute auch noch einmal bei Spiegel Online nachlesen können. Dort recycelte das „Magazin für Fußballkultur“ Teile der Story.

Donnerstag, 21. Juni 2012

Weniger BILD, mehr Liebe, mehr Taktik: Acht EM-Forderungen an ARD/ZDF


Mit Ende der Vorrunde und dem Beginn des EM-Viertelfinals, ist der richtige Zeitpunkt für erstes kleines Resümee gekommen. Bereits nach zwei Wochen steht ein, wenn nicht gar der größte Verlierer des Turniers fest: Die EM-Teams von ARD und ZDF. Was die beiden Sender bislang lieferten grenzte teilweise an intellektuelle Zuschauerbeschimpfung. Es ist erschreckend zu sehen, für wie dumm die Redaktionen, Moderatoren und Sender-Verantwortlichen ihre Zuschauer offenbar halten. Deshalb ist es an der Zeit acht Forderungen an die Sportchefs und Intendanten von ARD und ZDF zu stellen.

1. Nehmen Sie endlich Ihre Zuschauer ernst
Es reicht nicht, wenn ein Oliver Kahn davon spricht, dass die Spieler „näher am Mann stehen müssen“. Jeder Zuschauer hat ein Recht darauf, dass der Experte, wenn es schon der Moderator nicht kann, ernsthaft erklärt, aufgrund welcher taktischer Fehler ein Tor gefallen ist.

2. Fußball und die EM sind der Star
Niemand will Oliver Kahn bei dem Versuch zusehen einen ersten Tweet zu formulieren. Die EM-Sendungen sollen ernsthaft über das Turnier und das Drumherum, auch gerne die politischen Begebenheiten berichten. Wenn es keine sinnvollen Inhalte für die restlicht Sendezeit gibt, spricht nichts dagegen, die Sendung zu beenden. Ob die Übertragung um 23.00 Uhr oder um 23.30 endet, ist irrelevant. Relevant ist aber, dass die Zuschauer das Gefühl haben, dass ihre Zeit nicht verschwendet wird.

3. Weniger Bild, mehr SZ
Die Bild hat nicht den besten Sportteil und alles was in der Bild steht, ist nicht automatisch das bestimmende Thema. Bei diesem Turnier scheint der Druck auf die Moderatoren und TV-Reporter besonders stark zu sein, auch wirklich jeden Bericht der Boulevardzeitung auch noch im TV aufzuarbeiten. Wie man über die EM berichten kann, ohne sich von jeder scheinbaren Aufgeregtheit anstecken zu lassen, zeigt vorbildlich der Sportteil der Süddeutschen Zeitung (andere Zeitungen machen das bestimmt auch ganz famos).

4. Mehr Fachwissen, weniger Flachwissen
Die taktische Unwissenheit vieler Moderatoren ist beängstigend. Genauso wie das nicht vorhandenen Verständnis der Statuten. Jeder, der erlebt hat, wie Béla Réthy bei demVersuch scheiterte, zu erklären, wann Frankreich und wann Italien ausgeschieden sind, ist noch immer peinlich berührt. Zudem haben die meisten Reporter große Schwierigkeiten ein Spiel zu lesen. Gutes Beispiel hierfür ist die völlig unterschiedliche Wahrnehmung der ersten Halbzeiten von Deutschland – Dänemark oder Ukraine – England zwischen dem TV-Reporter und Mehmet Scholl. Die TV-Macher scheinen völlig zu unterschätzten, wie groß das Taktik-Interesse bei den Zuschauer/Lesern ist. Nicht umsonst hat die Welt oder 11 Freunde spezielle Kolumnen. Ein weiteres gutes Beispiel sind die tollen Interviews mit dem DFB-Taktik-Experten Frank Wormuth von Spox.

5. Crashkurs für Sportjournalisten
Vorschlag: Könnte der DFB nicht einen Trainer/Taktik-Crashkurs für Sportjournalisten anbieten? Es dürfte doch auch im Interesse der Sportfunktionäre sein, dass die Berichterstatter besser verstehen, was auf dem Platz passiert.

6. Mehr Trainer, weniger Ex-Profis als Experten
Es ist ein ständiges Ärgernis: Wer einmal einen Trainer ernsthaft über Fußball hat reden hören und dann den meist belanglosen Analysen von Ex-Spieler lauschen muss, fühlt sich leicht verarscht. Liebes ZDF, liebe ARD, bitte fragt viel häufiger doch einmal Trainer wie Ralf Rangnick oder Lucien Favre. Diese Herren können substantielle Debatten-Beiträge beisteuern.

7. Lustige Fußball-Formate sofort verbieten
Spätestens seit Fever Pitch von Nick Hornby, dürfte auch hierzulande bekannt sein: Fußball ist eine ernste Angelegenheit. Alle Versuche sich lustige dem Thema zu nähern, wie beispielsweise Waldis EM-Club sind intellektuelle Publikumsbeschimpfung.

8. Fangen Sie endlich an den Fußball zu lieben
Das Schlimmste ist aber, dass die meisten Beiträge bei ARD/ZDF nicht das Gefühl vermitteln, dass die Macher den Fußball wirklich lieben. Es ist immer Dienst nach Vorschrift. Meistens solide gemachte Arbeit. Aber wo ist die echte Begeisterung, der echte Ärger?
Ob bei den Studiomoderationen, den TV-Berichten oder den Live-Moderationen: alles ist so ordentlich. Wo ist die verbale Anarchie, wo ist der Reporter, der für den Sport brennt und sich zur Not auch mal den Mund verbrennt? Absoluter negativer Höhepunkt waren hier die Reporter Fragen nach der Partie Deutschland gegen Holland. Positive Ausnahme: Mehmet Scholl. Der Mann hat sich immer noch eine gewisse kindliche Freude am Fußball bewahrt und ist in Sachen „Wundgelegen“ vielleicht über das Ziel herausgeschossen, aber er hatte Mut zur Meinung gehabt. Das verdient Respekt, denn Scholl liebt und respektiert das Spiel aus ganzen Herzen. Das scheint ihn von vielen seiner TV-Kollegen zu unterscheiden.



Mittwoch, 20. Juni 2012

“Sat.1 ist Stulle“: Die Stromberg-Show bei der P7S1-PK

Am Mittwoch stellte ProSiebenSat.1 das Programm der kommenden TV-Saison vor. Hier mein erster Text dazu.

Humoristischer Höhepunkt des Abends war Stormberg, der über die Medien im Allgemeinen und P7S1 im Besonderen herzog. Seine besten Pointen:

„Ich würde nie was mit einer freischaffenden Journalistin anfangen. Mit Elend kann ich nicht so gut umgehen.“

„Wer hätte gedacht, dass sich der Euro länger hält als Harald Schmidt. Jetzt ist er weg von Fernsehen – und bei Sky gelandet.“

Über „den letzten Bullen“ „Henning Baum. Nach dem sind in Deutschland ganze Schulen benannt.“

Über Sixxt „Sowas wie Al Jazeera. Nur mit Östrogenen, statt Allah. Und die Quoten sind auch nur so hoch wie die Inflationsrate.“

„Sat.1 der Kuschelsender. Wellness für die Augen und die deutsche Antwort auf ProSieben. Sat.1 ist Stulle.“